Zu Beginn des Jahres 1925 erschien im Wiener Rikola-Verlag das Buch: „Martha Berger, das Leben einer Frau“, publizistisch doppelt begleitet von Bahr. Er verfasste ein „Geleitwort“ und er schrieb eine Buchbesprechung im ,Berliner Tageblatt‘, mit der er auf das Buch aufmerksam machen wollte. 1987 schrieb Karl Hopf in seinem Text "Hermann Bahr und Salzburg" über die Entstehungsgeschichte:
Nach glaubwürdiger Mitteilungen handelt es sich dabei um die Verarbeitung von Aufzeichnungen, die Anna Bahr-Mildenburg nach den Erzählungen einer ihrer Hausgehilfinnen machte. Bahr erweiterte diese Aufzeichnungen zu einem Schlüsselroman und verwischte durch das Vorwort, in dem er sich nur als Vermittler zwischen der angeblichen Autorin und dem Verlag ausweist, die Spuren. […] Um den öffentlichen Skandal einzudämmen kaufte der Liebhaber des Mädchens immer wieder alle in Salzburg angebotenen Exemplare auf.
Karl Hopf: Hermann Bahr in Salzburg. In: Dietrich, Margret (Hg.): Hermann-Bahr-Symposion „Der Herr aus Linz“. Im Rahmen des Internationalen Brucknerfestes Linz 1984. 16. bis 18. September 1984. Linz: Linzer Veranstaltungsgesellschaft 1987, 139. In den Fußnoten ergänzt er die die Quelle:
Die Hinweise auf die Entstehungsgeschichte stammen von dem Salzburger Antiquariatsbuchhändler Franz Aschenbrenner, der als junger Buchhandlungsgehilfe im Hause Bahr verkehrte.
Diese anekdotische Entstehungsgeschichte ist aller Wahrscheinlichkeit nach falsch, wie ich nun im Archiv feststellen konnte. Die Zuschreibung des Texts an Amalia Pierhofer (alt. Mali Pirhofer) kann mit Sicherheit erfolgen. Die Dokumente, mit denen dies geschieht, werden hier kurz vorgestellt, eine wissenschaftliche Auswertung also nur skizziert: Die eigentliche Zuschreibung erfolgt mit zwei im Theatermuseum in der Kiste „Fremdmanuskripte“ unter „Pirhofer“ abgelegten Texte: Eines heißt „Die Viper“ und berichtet eine Schulepisode, das andere ist ein sowohl mit Pirhofer als auch mit Martha Berger beschriftetes, maschinschriftliches Gutachten über „Martha Berger“. Amalia Pierhofer findet sich auf einer Karteikarte jener Kartothek, mit der sich die Witwe Bahrs ein Personenverzeichnis zu seinen Tagebüchern anlegte. Die Karte listet Daten und Seitenangaben der durchnummerierten Tagebücher:
PIERHOFER, AMALIE 1924 29.8. | 45 Roman: Reisende Menschen 16.9. | 50 17.9. | 50 Roman 28.9. | 53 Roman 2.10. | 55 Roman 1925 1.2. | 79 Geleitwort 7.2. | 80 Roman, Geleitwort 1927 29.X. | 47
Der ursprüngliche Titel dürfte also „Reisende Menschen“ gelautet haben. Die Tagebucheintragung vom 29. August 1924 nachgeschlagen, lautet:
- Amalia Pirhofer (Salzburg Steingasse 49) Roman „Reisende Menschen“ gelesen. - Nachricht von Robert Müller [nicht entziffert] - Brief an Pirhofer
Aus einer weiteren, etwas unklaren Karteikarte Anna Bahr-Mildenburgs (Karte: Aufsatz>Martha Berger) geht hervor, dass Bahr zur gleichen Zeit an der Einleitung arbeitete:
MARTHA BERGER 1910 Ringbuch 1925 9.12. | 90 Diktat 25.11. | 123 Inhalt Österreich
Weiters finden sich im Nachlass zwei Mappen mit Briefen, von denen einer vom 16. März 1927 mit Maschine geschrieben ist und deswegen nicht entziffert werden muss. Pirhofer antwortet offensichtlich auf die Nachfrage Bahrs, ob sie nichts Neues schreibe:
Wenn einem auch ein Hermann Bahr aus dem Nichts gehoben hat, hat man doch noch lange kein Recht zur Selbstüberhebung.
Außerdem würde sie der Gesundheitszustand der ihr anvertrauten Eltern in Beschlag legen. Diese wiederum sind im Salzburger Adreß-Buch, 13. Ausgabe 1927 angeführt:
Pierhofer, Josef und Martha, Postunterbeamter d. R., Steingasse 49
== Nachtrag: Siehe auch die Briefe des Rikola-Verlags im Nachlass Bahrs. Bahr hatte ursprünglich "Mali" im Vorwort stehen. Siehe auch die Briefe von Anna Strohmeyer im Nachlass.