Emma Adler, Tischgesellschaft Berggasse 19

In ihrer unveröffentlichten Autobiografie schreibt Emma Adler, dass Bahr häufig bei den Tischgesellschaften in der Berggasse 19 zu Gast war:
Bahr kam oft in die Berggasse zu uns, er war damals überzeugter Sozialdemokrat und ein Mitarbeiter der "Gleichheit". Er schien sich trotz seiner antisemitschen Vergangenheit, bei uns wohl zu fühlen. Er war fröhlich und lachte gern. Wir hatten ihn gern, in erster Linie weil er unser Genosse war und dann erwarteten wir viel von seiner Zukunft als Dichter.
Als Dichter zelebrierte Bahr Emma Adler in seinem nächsten Theaterstück, die La Marquesa d'Amaëgui, als er es ihr widmete (und sie darin schilderte). Sie hingegen war in Folge enttäuscht, seine Texte im Salonblatt zu lesen -- und schrieb ihre Hoffnung ab. Zur Datierung: Einerseits stellt Bahrs Aufenthalt in Wien, der erst Ende September 1887 beginnt, den frühesten Beginn. Zugleich ist das der Augenblick, als Bahr auf anonyme Mitarbeit bei der Gleichheit umstellt, weil er ins Heer einrückt. Für den letzten nachweisbaren Termin muss eine Anekdote verortet werden: In ihrer Autobiografie erzählt Emma Adler, dass Bahr als Tischnachbar in der Berggasse ihrer Kritik der Schratt in der "Gezähmten Widerspenstigen" lauschte und sie dann im Grunde unverfälscht in der Deutschen Wochenschrift brachte, einschließlich der abfälligen Bemerkung über das Ohr der Schratt. Nachdem aber das Stück Shakespeares zuletzt im Herbst 1887 gegeben wurde, als Bahr noch nicht bei der Deutschen Wochenschrift war, und diese auch keine Kritik des Stücks brachte, dürfte es sich um die Rezension von Rovettas "Lektion" handeln, worin Bahr am Ende des ersten Absatzes schreibt:
Frau Schratt, die doch sonst in allem Repräsentativen viel Geschick beweist, sollte man aufmerksam machen, daß sie es nicht nötig hat, woran sie neuestens besonderen Gefallen zu finden scheint, durch solche Ungunst der Haartracht ihre Ohren noch geflissentlich zu vergrößern.
Die Première war am 27. Februar 1888, demnach muss Bahr in Folge bei Viktor und Emma Adler gesessen haben, um ihre Rezension zu hören.
Literatur
hr: Burgtheater. („Eine Lection,“ Lustspiel in einem Act nach dem Italienischen des G. Rovetta von A. M. Zeltern. „Eine Schachpartie,“ dramatisches Gedicht von Giuseppe Giacosa. „Der Diener zweier Herren,“ Lustspiel von Goldoni). Deutsche Wochenschrift, 6 (1888) #9, 7-8.
Datum
Ereignistyp