Die Überwindung des Naturalismus (1891)

Einleitung

Dieser Band erschien 1891 als Fortsetzung der "Kritik der Moderne". Er enthält Bahrs Auseinandersetzung mit dem Naturalismus, dem Begriff der Wahrheit und dem Marxismus sowie Essays zu Emile Zola, Octave Feuillet, Maurice Materlinck und Berichte von Kunstreisen durch die französische Provinz und Kastilien.

Bibliografie

Autor:Hermann Bahr
Titel:Die Überwindung des Naturalismus
Als zweite Reihe von "Die Kritik der Moderne"
Ort:Dresden
Verlag:E. Pierson
Jahr:1891
Seiten:322
Aufl.:2. Aufl. 1891
Übers.:Italienische Übersetzung: Il superamento del naturalismo. A cura di Giovanni Tateo. Milano: SE 1994.
Anm.Widmung: "Meinem Vater, Petersburg, im März 1891 gewidmet."

Kritische Schriften

Herausgegeben von Claus Pias ISBN: 978-3-89739-436-0 2008 2. Auflage, durchgesehen und ergänzt von Gottfried Schnödl 2013 ISBN: 978-3-89739-793-4 VDG Weimar

Erstdrucke

Im Winter/Frühjahr 1891 lebt Bahr noch immer in Berlin und hat eine sehr produktive Phase hinter sich: "Die gute Schule" und "Fin de siècle" sind im Herbst erschienen (und letzteres zum Jahreswechsel konfisziert), "Die neuen Menschen" werden am 18. Jänner uraufgeführt und erscheinen in Druck. Bahr hat sich noch nicht auf einen Verleger festgelegt - gegen den für ihn in den folgenden Jahren maßgeblichen Samuel Fischer hat er sich über eine Honorarforderung vor Gericht begegeben (er gewinnt). Doch die Nachfrage nach seinen Texten ist groß und er vereinbart für die Fortsetzung seiner "Kritik der Moderne" mit Pierson in Dresden ein Erscheinen im Frühjahr. Überraschenderweise endet der zweite kritische Sammelband Bahrs dort, wo man eigentlich seinen Anfang vermuten würde. Denn die Reiseberichte sind das erste, was entstand, war doch Bahr im Herbst 1889 unmittelbar nach der Drucklegung der ersten "Kritik der Moderne" von Paris aus auf eine Reise in die mittäglichen Provinzen Frankreichs, sowie nach Spanien und Marokko aufgebrochen. Doch nicht nur in dieser Hinsicht unterläuft die "Überwindung" die Erwartungshaltung. Sie zeigt auch den selbstsicher agierenden Bahr, der es sich herausnimmt, nicht für ein einzelnes Blatt zu schreiben. In wildem Übermut baut er seinen Ruf, indem er verschiedenen Zeitschriften und Zeitungen Texte anbietet und sie erst in der Buchfassung zusammenführt. Gerade bei den Reisebildern könnte man erwarten, dass sie eine Folge bilden, die demnach in einem einzelnen Organ zu erscheinen habe. Umgekehrt geht es auch: Die Serie "Von welschen Literaturen", die in vier Teilen in der Modernen Dichtung erschien, ist in der Buchausgabe zur Unkenntlichkeit aufgeteilt. Der Zusammenhang ist nicht die Programmatik der Zeitschrift, ist nicht der Druckort und die Druckspalte, sondern sein Ich, das jede Gelegenheit zur Äußerung wahrnimmt, aber ohne sich dem Medium verbunden zu fühlen. Selbstverständlich hat eine solche Lesart auch ihre Gegenseite, die genauso Gültigkeit besitzt. Im Briefwechsel mit dem Vater lässt sich nachlesen, wie der Alte auf eine Fixanstellung bei einer Zeitung setzt, und wie jede Unsicherheit des Sohnes seine Zweifel an dessen Berufswahl steigern. Der Sohn weiß nicht zu genügen. Und doch, wie die Episode bleibenden Monaten bei Samuel Fischers "Freier Bühne" zeigen, ist er nicht kompatibel mit kontinuierlicher Redaktionsarbeit, versucht stets das Projekt in seinen Interessen zu manipulieren und verlässt beim ersten Scheitern seiner Bemühungen die Redaktion mit Eklat. Diese Brüche, die schon in den 1880er Jahren vorkamen, weisen nun den Weg zu seinen Projekten in den Neunzigerjahren, mittels einer eigenen Zeitung Gestaltungsmacht zu bekommen. Zuerst in der "Modernen Dichtung", für die er aus Paris nach Wien zurückkommt (und deren Texte die "Überwindung" eröffnen), in der Folge dann die Gründung der "Zeit".
SeitenTitel / Erstdruck
1-6Die Moderne.
Moderne Dichtung. Monatsschrift für Literatur und Kritik, 1 (1890) #1, 13-15. (1.1.1890)
7-16Die Alten und die Jungen.
Moderne Dichtung, 1 (1890) #5, 307-311. (1.5.1890)
17-22Akrobaten.
Deutschland, 2 (1890) #1, 38-39. (18.10.1890)
23-28Feuilleton. Mitschi: "La-bas et ailleurs"
Freie Bühne für modernes Leben, 1 (1890) #25, 665-667
28-29Feuilleton. E. Legouvè "fleurs d'hiver, nuits d'hiver, histoire de ma maison." P. Ollendorf
Freie Bühne für modernes Leben, 1 (1890) #25, 665-667
29-32Feuilleton. Emilia Pardo Bazan "Por Francia y Alemania." Madrid, la España Editorial
Als "Von neuer Kunst" in: Freie Bühne für modernes Leben, 1 (1890) #23, 617-619. (9.7.1890)
33-40Galante Bücher.
Die Gegenwart, 39 (1891) #2, 25-26. (10.1.1891)
41-43Unzüchtige Schriften.
Freie Bühne für modernes Leben, 1 (1890) #23, 609-610
44-49Pantomime.
Deutschland, 1 (1890) #46, 748-749. (16.8.1890)
50-56Naturalismus und Naturalismus.
Die Gegenwart, 38 (1890) #37, 170-171. (13.9.1890)
57-64Der Naturalismus im Frack.
Die Nation, 7 (1890) #44, 661-663. (2.8.1890)
65-72Die Krisis des Naturalismus.
Als "Die Krisis des französischen Naturalismus" in: Als "Die Krisis des französischen Naturalismus" in: Das Magazin für die Litteratur des In- und Auslandes, 59 (1890) #36, 562-564. (6.9.1890)
73-79Das Rätsel der Liebe.
Als "Die Rätsel der Liebe. (Un coeur de femme von Paul Bourget)" in: Das Magazin für Litteratur, 59 (1890) #41, 640-641. (11.10.1890)
80-87Die Epigonen des Marxismus.
Als "Zur Frauenfrage. Die Epigonen des Marxismus" in: Freie Bühne für modernes Leben, 1 (1890) #17, 469-472
88-92Die Tragödie der Tragödin.
Als "Suggestionen. Die Tragödie der Tragödin" in: Freie Bühne für modernes Leben, 1 (1890) #24, 647-648
93-100Buddhismus.
Die Nation, 7 (1890) #50, 751-753. (13.9.1890)
101-117Die neue Psychologie.
Als "Die neue Psychologie. I" in: Moderne Dichtung. Monatsschrift für Literatur und Kritik, 2 (1890) #2, 507-509. (1.8.1890) und als "Die neue Psychologie. II" in: Moderne Dichtung. Monatsschrift für Literatur und Kritik, 2 (1890) #3, 573-576. (1.9.1890)
118-127Kunst und Kritik.
Frankfurter Zeitung, 35 (1890) #254, 1. Morgenblatt, 1-2
128-140Vom Stile.
Als "Vom Stile. I" in: Moderne Dichtung. Monatsschrift für Literatur und Kritik, 2 (1890) #5, 701-704. (1.11.1890) und als "Vom Stile. II" in: Moderne Dichtung. Monatsschrift für Literatur und Kritik, 2 (1890) #6, 755-757. (1.12.1890)
141-151Wahrheit, Wahrheit!
Die Nation, 8 (1891) #25, 390-393. (21.3.1891)
152-158Die Überwindung des Naturalismus.
161-164Eduard von Bauernfeld.
Unter dem Pseudonym "B. Linz" als "Eduard von Bauernfeld ✝" in: Das Magazin für die Litteratur des In- und Auslandes, 59 (1890) #34, 521-522. (23.8.1890)
165-167Octave Feuillet.
Als "Von welschen Litteraturen. II. Octave Feuillet" in: Moderne Dichtung. Monatsschrift für Literatur und Kritik, 2 (1890) #1, 451. (1.7.1890)
168-172Jean Richepin.
Als "Von welschen Litteraturen. III. Jean Richepin" in: Moderne Dichtung. Monatsschrift für Literatur und Kritik, 2 (1890) #1, 452-453. (1.7.1890)
173-184Zola.
Als "Von welschen Litteraturen. I. 'La bête humaine'" in: Moderne Dichtung. Monatsschrift für Literatur und Kritik, 1 (1890) #5, 322-325. (1.5.1890)
185-188Monsieur Betsy.
Freie Bühne für modernes Leben, 1 (1890) #9, 265-266
189-198Maurice Maeterlinck.
Das Magazin für die Litteratur des In- und Auslandes, 60 (1891) #2, 25-27
199-211Théâtre libre.
Als "Die Pariser Freie Bühne" in: Freie Bühne für modernes Leben, 1 (1890) #18, 495-497 und #19, 513-516
212-218Zur Entwicklung der modernen Schauspielkunst.
Das Magazin für die Litteratur des In- und Auslandes, 60 (1891) #10, 151-153
219-236Gente Nueva.
Die Nation, 8 (1890) #3, 41-45
237-246Spanischer Naturalismus.
Von welschen Litteraturen. IV. Spanischer Naturalismus. Moderne Dichtung. Monatsschrift für Literatur und Kritik, 2 (1890) #4, 645-647. (1.10.1890)
247-256Reisebilder. Französische Provinz
Als "Französische Provinz" in: Deutsche Zeitung, Wien, (1889) #6382, Morgen-Ausgabe, 1-3. (5.10.1889)
256-260Reisebilder. Bordeaux
Deutsches Volksblatt, Wien, 1 (1889) #285, Morgen-Ausgabe, 1-2. (19.10.1889)
260-267Reisebilder. Arcachon
Deutsches Volksblatt, Wien, 2 (1890) #372, Morgen-Ausgabe, 1-2. (16.1.1890)
267-274Reisebilder. Pau
Deutsches Volksblatt, Wien, 2 (1889) #420, Morgen-Ausgabe, 1-3. (5.3.1890)
274-280Reisebilder. Lourdes
280-286Reisebilder. Biarritz
Deutsches Volksblatt, Wien, 1 (1889) #297, Morgen-Ausgabe, 1-2. (31.10.1889)
287-293Die Deutschen im Auslande.
Berliner Tageblatt, 19 (1890) #368, Morgen-Ausgabe, 1. Beiblatt, 1-2. (24.7.1890)
294-301Ein Brief an den Kunstwart.
Als "Die kastilianische Skultpur" in: Der Kunstwart, 3 (1889) #3, 42-44.
302-317Die kastilianische Skulptur.
Frankfurter Zeitung 35 (1891) #11, 1. Morgenblatt, 1-2 und 3. Morgenblatt 1. (11.1.1891)
318-322Die Berliner Kunst-Ausstellung.
Als "Von der Berliner Kunst-Ausstellung" in: Das Magazin für die Litteratur des In- und Auslandes, 59 (1890) #34, 522-523. (23.8.1890)

Rezensionen

Rudolf Steiner: "Auch ein Kapitel 'Zur Kritik der Moderne'" in: Der Litterarische Merkur, (1891) #11, 233-35. (25.7.1891) Eine frühere, kurze Rezensionsnotiz am 19.7.1891 Kafka, Eduard M.: Der neueste Bahr. In: Moderne Rundschau, 3 (1891) #5-6, 220-222. (15.6.1891) Marie Herzfeld: Die Überwindung des Naturalismus von Hermann Bahr. Wiener Literatur-Zeitung, 1 (1890/91) #10, 10. Magazin für Litteratur, 60 (1891) #42, 672. Die Gegenwart, 40 (1891) #39, 207. (26.9.1891) [Kurzrezension] Leo Berg: Die Romantik der Moderne. [II] In: Die Welt, Berlin, 1 (1891) #70, 2. (17.12.1891) [Mit "Russischer Reise"] Blätter zur litterarischen Unterhaltung, (1891), 583.

Inhaltsverzeichnis

SeitenInhalt
_______ERSTES BUCH
1-6Die Moderne.
7-16Die Alten und die Jungen.
17-22Akrobaten.
23-28Feuilleton. Mitschi: "La-bas et ailleurs"
28-29Feuilleton. E. Legouvè "fleurs d'hiver, nuits d'hiver, histoire de ma maison." P. Ollendorf
29-32Feuilleton. Emilia Pardo Bazan "Por Francia y Alemania." Madrid, la España Editorial
33-40Galante Bücher.
41-43Unzüchtige Schriften.
44-49Pantomime.
50-56Naturalismus und Naturalismus.
57-64Der Naturalismus im Frack.
65-72Die Krisis des Naturalismus.
73-79Das Rätsel der Liebe.
80-87Die Epigonen des Marxismus.
88-92Die Tragödie der Tragödin.
93-100Buddhismus.
101-117Die neue Psychologie.
118-127Kunst und Kritik.
128-140Vom Stile.
141-151Wahrheit, Wahrheit!
152-158Die Überwindung des Naturalismus.
_______ZWEITES BUCH
161-164Eduard von Bauernfeld.
165-167Octave Feuillet.
168-172Jean Richepin.
173-184Zola.
185-188Monsieur Betsy.
189-198Maurice Maeterlinck.
199-211Théâtre libre.
212-218Zur Entwicklung der modernen Schauspielkunst.
219-236Gente Nueva.
237-246Spanischer Naturalismus.
247-256Reisebilder. Französische Provinz
256-260Reisebilder. Bordeaux
260-267Reisebilder. Arcachon
267-274Reisebilder. Pau
274-280Reisebilder. Lourdes
280-286Reisebilder. Biarritz
287-293Die Deutschen im Auslande.
294-301Ein Brief an den Kunstwart.
302-317Die kastilianische Skulptur.
318-322Die Berliner Kunst-Ausstellung.

Kommentiertes Inhaltsverzeichnis

ERSTES BUCH

Die Moderne
Bahr entwickelt sein Konzept der Moderne: diese existiere bereits außerhalb unseres Geistes, der sich an diese Außenwelt anzuschmiegen und anzupassen habe.
Die Alten und die Jungen
Die junge Generation der deutschen Literatur habe nichts gegen die alte; Ziel sei nun jedoch, eine neue und zeitgenössische Kunstform durchzusetzen. Dafür ist kein regelrechter Angriff auf die alte Generation nötig, vielmehr ist zu fordern, dass diese die junge Generation endlich in Ruhe lasse und ihr keine Vorschriften mehr aufdränge.
Akrobaten
Bahr kritisiert die wichtigsten Künstler von heute als Virtuosen; vom Schweren angezogen würden sie sich in Beweise des eigenen Könnens verlieren, ohne zu größeren Werken oder gar zu zusammenhängenden Kunstschulen zu gelangen.
Feuilleton
Bahr bespricht Texte von Jacques Saint-Cère, Ernest Legouvè und Emilia Pardo Bazan.
Galante Bücher
Was „der Staatsanwalt [...] unzüchtige Schriften“ nennen würde, verteidigt Bahr als moralisch unbedenklich. Vor diesem Hintergrund beschreibt er verschiedene Gruppen von Schriftstellern und deren jeweiligen Zugang zum Erotischen.
Unzüchtige Schriften
Das Thema des vorangegangenen Textes aufnehmend, macht Bahr deutlich, dass es wahren Künstlern unmöglich ist, Unzüchtiges zu schaffen, da es dem Kunstwerk im engeren Sinn schlechterdings nicht gelingt, „das Moment der sexuellen Beziehung zu enthalten“.
Pantomime
In der in Paris um sich greifenden Mode der Pantomime erkennt Bahr ein Einfallstor mystisch-märchenhafter Kunst in der postnaturalistischen Zeit.
Naturalismus und Naturalismus
Bahr setzt sich den Bühnennaturalismus als Thema und differenziert vor diesem Hintergrund zwischen einer deutschen und einer französischen Herangehensweise.
Der Naturalismus im Frack
Die Tendenz neuester naturalistischer Literatur, nicht mehr das Milieu unterer sozialer Schichten, sondern die sogenannte höhere Gesellschaft zu beschreiben, wird von Bahr mit der neuen Position des naturalistischen Literaten erklärt: da dieser Anerkennung und damit Eingang in den Salon gefunden hat, findet nun eben der Salon Eingang in die naturalistische Literatur.
Die Krisis des Naturalismus
Bahr diagnostiziert eine Krise des Naturalismus und konstatiert den Wunsch, von den „Sachenständen“ zu den „Seelenständen“ überzugehen. Das bedeutet aber nicht eine Rückkehr zur pränaturalistischen Psychologie (etwa eines Paul Bourget), sondern die Entstehung einer neuen, durch die Erkenntnisse des Naturalismus gesättigten Psychologie.
Das Rätsel der Liebe
Anhand einer Kritik des neuen Romans von Paul Bourget zeigt Bahr, dass es in der neuen Kunst auch um eine neue Behandlung der Liebe zu gehen hättee: dabei müsse sowohl das idealistische als auch das materielle oder sexuelle Moment gleichsam berücksichtigt werden.
Die Epigonen des Marxismus
Bahr kritisiert anhand eines Aufsatzes von Paul Ernst über die Frauenfrage dessen Umgang mit dem Marxismus, der zu einer toten Methode degeneriere. In der Folge entwickelt Bahr selbst einige Richtlinien zur Behandlung der Frauenfrage, die stark essentialistisch gefärbt sind.
Die Tragödie der Tragödin
In einen Nachruf auf die ermordete Schauspielerin Maria Wisnowska verpackt Bahr allgemeine Gedanken zur Kunstvorstellung seiner Zeit, so dass man am Ende meinen könnte, Wisnowska wäre an ihrer zu großen Hingabe an die Kunst verstorben.
Buddhismus
Bahr beschreibt die Konjunktur des Buddhismus in den kulturellen Zentren seiner Zeit und entwickelt die These, dass der Buddhismus die Religion der Décadence sei, „weil er die Religion der Nerven ist“.
Die neue Psychologie
Die Zeit nach dem Naturalismus benötigt eine neue Psychologie; das hatte Bahr bereits in der „Krisis des Naturalismus“ konstatiert. Hier beschreibt er die neue psychologische Herangehensweise als deterministisch, dialektisch und dekompositiv.
Kunst und Kritik
Anhand eines Bandes von Kritiken Huysmans entwickelt Bahr die These, dass sich kritisches und künstlerisches Talent ausschließen. Weil Huysmans ein Künstler ist, sind seine Kritiken nichts wert.
Vom Stile
Der Stil des Schriftstellers hat Bahr zufolge durch seinen Gegenstand, das Publikum und die Persönlichkeit des Künstlers bestimmt zu sein.
Wahrheit! Wahrheit!
Da Wahrheit eine Verbindung von äußerer Wirklichkeit und Zutat durch Gefühl oder Verstand ist, lässt sie sich nicht vorab und für alle Zeit angeben. Bahr rechnet daher damit, dass sie als Kampfbegriff in der Kunst demnächst ausgedient haben wird.
Die Überwindung des Naturalismus
Für Bahr hat der Naturalismus abgewirtschaftet, er wird durch eine Kunst der Nerven ersetzt werden. Diese ist jedoch wiederum nur durch den Naturalismus möglich geworden und beinhaltet Elemente, die direkt von diesem kommen, so dass hier mit Bahr gleichsam von einer natürlichen Entwicklung zu sprechen wäre.

ZWEITES BUCH

Eduard von Bauernfeld
Bauernfeld ist Bahr ein Beispiel eines in seiner - geistigen wie landschaftlichen - Region verwurzelten, und aus dieser „herausschaffenden“ Künstlers, konkret: der Dichter des Wiener Liberalismus.
Octave Feuillet
Bahr beschreibt Octave Feuillet als einen Schriftsteller für die bürgerliche Masse. Obwohl diese Rubrik nicht ganz seinen Geschmack trifft, anerkennt er die handwerkliche Expertise und die reflektierende Kraft, mit der Feuillet „für die Familie schreiben kann, ohne deswegen ein Trottel zu werden.“
Jean Richepin
Nach einer kurzen Einführung, in der Bahr Richepins wechselnde Selbstinszenierungen und künstlerische Interessen auflistet, kritisiert er dessen neuen, psychologischen Roman als eine bloße Fingerübung; Richepin hätte kein existentielles Interesse an dem Stoff oder der Methode, es scheine eher so, als habe er auch einmal „Psychologie machen“ wollen.
Zola
Bahr kritisiert Zolas neuesten Roman als zwar literarisch äußerst gelungen, aber nach Vorgabe der Zola‘schen Methode verfehlt.
Monsieur Betsy
Das neue Stück von Oskar Méténier und Paul Alexis wird von Bahr als gelungenes Beispiel naturalistischen Theaters betrachtet.
Maurice Maeterlinck
Wie viele seiner Zeitgenossen ist Bahr begeistert von Maeterlinck. In Maeterlincks Texten sieht er seine Vision der Nervenkunst rein verwirklicht.
Théâtre libre
Bahr beschreibt den Aufbau des Théâtre libre durch André Antoine, nennt einige der dort uraufgeführten Stücke und zitiert ausführlich die Reaktionen der Zeitgenossen.
Zur Entwickelung der modernen Schauspielkunst
Nach einem kurzen Abriss der neueren Geschichte der Schauspielkunst gibt Bahr den Schauspielern ein neues Ziel vor: die Veränderungen, das Werden der Personen nachzuzeichnen.
Gente nueva
Bahr schildert das kulturelle Leben in Spanien und betont zunächst vor allem die Rolle des Kritikers und Schriftstellers Luis París, um danach Alejandro Sawa und Silverio Lanza.
Spanischer Naturalismus
Der spanische Naturalismus zeichnet sich durch eine paradoxe Konstellation aus: Das wichtigste Buch dieser Bewegung erkennt Bahr in einem Werk von Emilia Pardo Bazán, das jedoch nicht anerkannt wird, da der unumstrittene Führer des spanischen Naturalismus, Luis París, Bazán als Teil der überkommenen, veralteten Kultur ablehnt.
Reisebilder
Bahr sammelt einige Reiseeindrücke aus dem südlichen Frankreich.
Die Deutschen im Auslande
Ernst Bark hat ein Buch über die Deutschen im Ausland geschrieben, das sich kritisch mit deren offiziellen Vertretungen beschäftigt. Obwohl Bahrs künstlerische und politische Einstellung nicht derjenigen Barks entspricht, hält er diese Veröffentlichung für ein wichtiges und in weiten Teilen richtiges Werk.
Ein Brief an den Kunstwart
Bahr beschreibt hymnisch die „farbige Holzbildnerei“ der Spanier Berruguete und Hernández und empfiehlt jungen Künstlern deren Studium.
Die kastilianische Skulptur
Thema sind wieder die Holzschnitzereien im Spanien des 15. und 16. Jahrhunderts. Bahr erwartet sich von den noch weithin unbekannten Werken eine Revolution für die gesamte Bildhauerei.
Die Berliner Kunst-Ausstellung
Bahr kritisiert die 62. Berliner Kunst-Ausstellung scharf. Ungenügend sei sowohl die Auswahl wie auch die Hängung der Bilder.

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