Ereignis

Café Chantant und Naturalismus

Als Lehrstube für den Studenten, der aus der Idylle des Kleinbürgertums in einer Kleinstadt in die große Stadt kommt, macht Bahr das Café Chantant in Berlin aus:
mit bekränzten Büsten des alten Kaisers, Bismarcks und Moltkes in grellem roten und grünen Lampenlicht, mit Heil dir im Siegerkranz, Hurra und verlogenen Schmachtfetzen aus lustverseucht heiseren Kehlen, mit Lorelei, Zoten und Suff, ein patriotisch sentimentaler Bordellersatz, zur Abendandacht für Studenten, Referendare und Offiziere
Denn:
Man mußte den ehrenwerten Bürger nur erst einmal im Chantant g

Abschied-Kommers, Pernerstorfer

Pernerstorfer und die Burschenschaft Albia richten am 18. April 1883 für Bahr, nach dessen Relegierung von der Universität und vor dessen Abreise nach Graz ein Trinkgelage aus, das "Abschieds-Kommers" genannt wird. Schauplatz: Hotel Zillinger (Wieden), unter den Anwesenden: Georg Schönerer. Von der Polizei verboten, weichen die Burschenschafter "unter Protest der Gewalt" und übersiedeln in das Lokal "Böck" in der Kochgasse, so zumindest Zeit gegenüber der Polizei gewinnend, für die das Überschreiten von Bezirksgrenzen jeweils neue Kommandosituationen erzeugt. Es kommt zur Prügelei.

Laiendarsteller im Tegetthofsaal

Im Selbstbildnis berichtet Bahr, wie er als komischer Schauspieler für Laienaufführungen im Tegetthoffsaal engagiert wird, dort zum Leidwesen des "Regisseurs" viel improvisiert und in ernsten Rollen durchfällt. Im Zuge dieser Inszenierungen wird zum ersten Mal ein Stück Bahrs aufgeführt, "Der fixe Punkt". Eine Satire der Laiendarstellungen bringt Bahr am 1. Jänner 1883 in seinem Text "Der Dilettirfer".

Zola "L'Assommoir" mit Mitterwurzer

Am 18. Februar 1882 hat "Der Todtschläger" mit Friedrich Mitterwurzer im Wiener Stadt-Theater Première.
Dann fragte mich jemand, ob ich Mitterwurzer schon gesehen, der im Stadttheater gastiere, als Coupeau in „L’Assommoir“. Mitterwurzer? Der hatte sich doch im Burgtheater nicht behaupten können, der war offenbar also noch schlechter. Ich zeigte wenig Lust, ließ mich aber schließlich bereden, mehr des Stückes wegen, Zolas wegen, von dem ich noch nichts gelesen hatte, für den ich aber voreingenommen war, weil über ihn so geschimpft wurde.

"Die Walküre" in der Hofoper

Im Selbstbildnis erinnert sich Bahr an die erste Zeit seines Studiums in Wien:
Einmal bekam ich einen Sitz in die Hofoper geschenkt, zur „Walküre“. Wochenlang blieb ich von dieser Seligkeit betäubt. Es gab also doch mein Theater, das war nicht bloß ein Wahn von mir, nur war mein Begriff offenbar bloß der Musik erreichbar. Und ich hätte heulen mögen, weil ich keine Stimme hatte.
Die "Walküre" wurde am 19. März 1882 gegeben.

Unlust Burgtheater

Im Selbstbildnis schreibt Bahr, wie er nach einiger Zeit aufgehört hat, das Burgtheater zu frequentieren:
Anfangs war ich ein paarmal im Burgtheater. Nach einer Auf- führung „Richards des Dritten“, mit Lewinsky, gab ich’s auf. Bei meinem unschuldigen, tiefen Respekt vor Wirklichkeiten fiel mir nämlich nicht ein, an der Schönheit dieser Vorstellung zu zweifeln, es stand für mich fest, daß, was man hier sah, höchste Schauspielkunst war. Daraus, daß sie mir mißfiel, schloß ich also nur, daß ich bisher einen ganz falschen Begriff von der Schauspielkunst hatte.

Deutscher Leseverein

Im Oktober 1881 war ich, der Wiener Universitätsstudent, in den Ausschuß des Lesevereins gewählt worden. Man hatte mich bloß gefragt: Du bist doch schwarzgelb? Ich bejahte, mir kam die Frage dumm vor: ich war ein Österreicher, was kann ein Österreicher anderes sein als natürlich schwarzgelb? Und ich konnte noch kaum glauben, daß es unter österreichischen Studenten wirklich Verräter Österreichs geben sollte. Merkwürdig war aber gar, daß, als ich dann welche von ihnen kennenlernte, sie mir eigentlich gleich sehr gefielen.

Café Scheidl

Zu Beginn seines Studiums, eingeführt von seinem Onkel Salomon Robicsek, beginnt Bahr das Café Scheidl zu frequentieren, gleichzeitig seine Studien vernachlässigend. Ein Stimmungsbild des Literatencafés gibt er im Selbstbildnis. Gleichzeitig wird für ihn der Brand des Burgtheaters am 8. Dezember auch zum Beginn der Loslösung von der zynischen Weltbetrachtung, die dort gepflegt wird.

Antisemit

Obwohl bei seinem jüdischen Onkel Salomon Robicsek lebend, wird Bahr zu Beginn seines Studiums und parallel zu seiner Teilhabe in der Burschenschaft Albia zum Antisemiten. Er klebt auch Marken mit antisemitischen Sprüchen in der Innenstadt auf. Seine Tante Anna - die Halbschwester seines Vaters - wirft ihn auf die Straße, der Onkel diskutiert mit ihm.

Glyptothek München

In den Sommerferien nach der siebten Klasse reist Bahr in die Glyptothek nach München. Im Anblick der materiellen Überreste der Antike will er beschlossen haben, sein Leben als klassischer Philologe zu verbringen. Die andere Motivation ist der Besuch des Gesamtgastspiels, das in der ersten Julihälfte stattfand.