Ereignis

Romanprojekt und Journalismus

An Redlich, 8.1.1924:
Mich quält zur Zeit ein Roman, der mir neulich einfiel und in meiner unvollendeten und wohl zur Unvollendung bestimmten Serie sehr gute Figur machen würde. Er geht mir nicht aus dem Kopf und das ist sehr dumm, denn schreiben kann ich ihn doch nicht, ich bin zu alt, um noch die Spannkraft zu haben, so was neben den journalistischen Arbeiten her zu machen.

Salzburg-Kritik

Passend zum Abschied fasst Bahr in einem Brief an Redlich am 8. April 1922 noch seine Gefühle Salzburg gegenüber zusammen:
Die Salzburger Zeit war wunderschön, dennoch wird mir der Abschied leicht: ich hoffte, Salzburg würde mir sterben zusehen, aber daß ich zusehen soll, wie Salzburg stirbt, darauf war ich nicht gefaßt. Und von meinem Salzburg ist wirklich nichts übrig: es ist dran, ein noch wüsteres Graz zu werden. Die Kreuzung Großdeutschsozialistischschieberisch ist zu arg.

Intrigant

Hofmannsthal klärt in einem Gespräch am 25. Oktober 1918 Redlich über seine Sicht der Dinge auf:
Bahr intrigiert gegen Reinhardt und Andrian, er führt bloße Theaterpolitik, versagt als Regisseur, spricht Unwahrheiten und droht mit "Enthüllungen", ist auch wegen Wiederanstellung seiner Frau an der Oper sehr dringlich geworden. Da eröffnet sich ein trauriger Ausblick!

Ernüchterung

Nach einem Besuch Bahrs notiert sich Redlich am 20. Oktober 1920 ins Tagebuch:
Nachmittag Bahr bei mir. Sein Verhältnis zu Andrian ist so, dass er meint, er werde in acht Tagen den ganzen Burgtheater-Krempel hinwerfen! Andrian enthüllt sich als Bürokrat von reinstem Wassser, ist ganz in den Händen der Hofräte! Bahr ist darüber empört, dass man den Arbeitern statt 16 Kronen nur 7 Kronen zahlt, infolgedessen nur Krüppel beschäftigt, die jeden Augenblick mit einem Unglück auf der Bühne drohen; gestern wurde einer lebensgefährlich verletzt!

Fädenziehen für Lammasch

Um eine Berufung Lammaschs als Bundeskanzler zu ermöglichen, wird auch Bahr im Oktober 1918 eingespannt. Über Leopold Andrian wird Bahr kontaktiert, damit Lammasch Hunyady besuche, der dann mit dem Kaiser sprechen werde. Bahr hatte vor dem 11. Oktober auch eine lange Unterredung mit Erzherzogin Maria Theresia und mit Kardinal Piffl.

Friedensbedürfnis

Redlich-Tagebuch, 20. August 1917 über sein letztes Treffen mit Bahr:
Mit Bahr hatte ich lange und genussreiche Unterredungen: Er ist ganz erfüllt von der Notwendigkeit, dass Österreich den Frieden herbeiführt und auf föderativer Grundlage neugestaltet werde.

Antisemitismus

Am 20. Februar 1917 ist Bahr bei Redlich und Bahr wundert sich, warum ihn niemand, mit Ausnahme Redlichs, politisch ernst nehme. Neben Kritik an gegenwärtigen Politikern notiert sich Redlich:
Übrigens meint Bahr, dass da auch das "Judentum" eine gewisse Rolle spiele. Ich kann nicht leugnen, dass mich dieses Gespräch nicht anders als peinlich berührte.
Das ist ein typisches Beispiel, wie Bahrs Antisemitismus zu diesem Zeitpunkt weiterhin in einer Verdächtigung weiter existiert, die es ihm trotzdem erlaubt, sich nicht als Antisemit zu fühlen. Vgl.