Bilderbuch (1921)

Einleitung

In seinem „Bilderbuch“ (1921) versammelt Hermann Bahr eine stattliche Anzahl von Portraits. Die zwischen 1910 und 1920 verfassten Texte behandeln dabei Künstler ebenso wie Politiker oder Wissenschaftler aus der Generation Bahrs bzw. seiner Vätergeneration. (so etwa: Gustav Mahler, Bismarck oder Ernst Mach).

Diese Vielfalt an Namen und Themen schlägt sich aber keineswegs in der Form nieder, die sich hier vielmehr in einer für Bahr seltenen Konsequenz durchgezogen findet: politische Handlungen, wissenschaftliche oder künstlerische Werke werden in den vorliegenden Personenbildern zum relativ unproblematischen Ausdruck eines sich in solchen Beschreibungen immer deutlicher entfaltenden Individuums. Vor dem Halt suchenden Blick des späten Bahr entpuppt sich überraschenderweise gerade die einst so unstete und nervöse Moderne als eine Welt der festen Charaktere.

Bibliografie

Autor:Hermann Bahr
Titel:Bilderbuch
Ort:Wien, Leipzig
Verlag:WILA Wiener Literarische Anstalt
Jahr:1921
Seiten:213
Anm.:Am 11. Juli 1921 bedankt sich Redlich für den Erhalt eines Buchs (Bahr/Redlich, 455), das der Herausgeber irrtümlich als Summula identifiziert, das er aber erst am 4. August erhalten haben dürfte (Ebd.). Wahrscheinlicher ist es, dass Redlich am 11. Juli das "Bilderbuch" erhielt.

Kritische Schriften

Band 15
Herausgegeben von Gottfried Schnödl 2011 ISBN 9783897396760 VDG Weimar

Erstdrucke

An Redlich schreibt Bahr bei der Zusammenstellung von "Summula" und "Bilderbuch", die im September 1920 erfolgt:

Kaum zurück, brachte ich zwei Bände gesammelter Essays in Ordnung, die diesen Winter oder wann der Herr Setzer eben zu wollen die Gnade haben wird, erscheinen sollen: ein etwas kunterbuntes "Bilderbuch" und ein gedrängtes, das die zehn besten Aufsätze der letzten zehn Jahre unter dem anmaßend bescheidenen Titel "Summula" enthält.
(Bahr/Redlich, 424).
SeitenTitel / Erstdruck
7-16Grünewald.
Als "Der Isenheimer Altar" in: Das Neue Reich, 2 (1920) #38, 625-626
17-20Bismarck.
21-26Stifter.
Als "Adalbert Stifter" in: Vossische Zeitung, (1918) #65, Morgenausgabe, 2. (5.2.1918)
27-34Gött.
Als "Amphibium" in: Berliner Tageblatt, 43 (1914) #56, Ausgabe für Berlin und Umgegend, Abend-Ausgabe, 1-2. (31.1.1914)
35-41Mach.
Berliner Tageblatt, 45 (1916) #116, Abend-Ausgabe, 2-3. (3.3.1916)
42-46Wedekind.
Als "Erinnerung an Wedekind" in: Vossische Zeitung, (1918) #140, Sonntags-Ausgabe, 2. (17.3.1918)
47-51Otto Wagner. (Zum siebzigsten Geburtstag)
Berliner Tageblatt, 40 (1911) #339, Abend-Ausgabe, 1-2. (6.7.1911)
Essays (1912), 113-116
52-58Klimt.
Als "Klimt" in: Die Zukunft, 26 (1918) #101, 298-301. (15.6.1918)
In: Das Werk von Gustav Klimt. Wien, Leipzig: Hugo Heller 1918.
59-69Mahler.
Neue Freie Presse, (1914) #17806, Morgenblatt, 31-33. (22.3.1914)
70-77Katholische Musik.
Das Neue Reich, 2 (1920) #33, 541-542. (16.5.1920)
78-87Holz.
Als "Arno Holz" in: Neue Freie Presse, (1913) #17483, Morgenblatt, 1-3. (26.4.1913)
88-93Gerhart Hauptmann.
National-Zeitung, Basel, 52 (1912) #251, 2. Blatt, [1]. (25.10.1912)
Prager Tagblatt, 37 (1912) #295, Morgen-Ausgabe, 1-2. (25.10.1912)
Dresdner Neueste Nachrichten, 20 (1912) #310, 1. (14.11.1912)
Neues Tagblatt und General-Anzeiger für Stuttgart und Württemberg, 69 (1912) #302, 1.
94-102Dehmel.
Als "Richard Dehmel" in: Neue Freie Presse, (1913) #17685, Morgenblatt, 1-3. (18.11.1913)
103-106Holländer.
Als "An Felix Holländer" in: Vossische Zeitung, (1917) #557, Abend-Ausgabe, 2 und 5. (31.10.1917)
107-111Johannes Müller.
Als "Ein Nothelfer" in: Berliner Tageblatt, 43 (1914) #193, Ausgabe für Berlin und Umgegend, Abend-Ausgabe, 1-2. (17.4.1914)
112-130Scheler.
Als "Max Scheler" in: Hochland, 14 (1917) #April, 35-44
In: Hanns Heinrich Bormann, Hg.: Die Standarte. Ein Almanach. Saarlouis: Hausen 1918, 231-252
131-141Verkade.
Als "Die Unruhe zu Gott" in: Hochland, 17 (1920) #August, 530-535 Gekürzt als "Hermann Bahr über P. Verkades 'Unruhe zu Gott' in: Das Neue Reich, 2 (1920) #52, 887. (26.9.1920)
142-147Rolland.
Als "Ruhm und Wirkung" in: Berliner Tageblatt, 43 (1914) #135, Ausgabe für Berlin und Umgegend, Morgen-Ausgabe, 1. Beiblatt, 1-2. (15.3.1914)
148-156Französische Romane. 1.
Französische Romane. [I]. Hochland, 15 (1918) #Februar, 580-588
178-184Berliner Kultur.
Berliner Morgenpost, 17 (1914) #52, Fest-Beilage, 13. (22.2.1914)
185-196Cavour. (Geboren am 10. August 1810)
Frankfurter Zeitung, 55 (1910) #216, Erstes Morgenblatt, 1-2. (7.8.1910)
197-202Italien.
Als "Für Italien" in: Prager Tagblatt, 37 (1912) #209, Morgen-Ausgabe, 1-2. (31.7.1912)
Als "Für Italien" in: Straßburger Post, (1912) #903, Morgen-Ausgabe, 2. Blatt, 1. (1.8.1912)
Als "Für Italien" in: Kultur-Beiträge, Berlin, 3 (1912) #64, 2-4. (1.8.1912)
Niederrheinische Nachrichten ?, 2.8.1912
203-208Der Ackermann aus Böhmen.
Vossische Zeitung, (1917) #492, Abend-Ausgabe, 2 und 5. (26.9.1917)
209-213Buddho.
Als "Die Reden Buddhas" in: Vossische Zeitung, (1919) #559, Sonntags-Ausgabe, 2. (2.11.1919)
156-167Französische Romane. 2.
Französische Romane. [I]. Hochland, 15 (1918) #Februar, 580-588
167-177Französische Romane. 3.
Französische Romane. [II]. Hochland, 15 (1918) #April, 88-92

Rezensionen

Im Archiv ab dem 7. August 1921. Emil Lind: Der Konvertit Hermann Bahr. In: Berliner Börsen-Courier, 53 (1921) #403, MA, 5. (30.08.1921) Neues Land, 1 (1922) #10 (Jänner), 226. Kuno Miethke in: Das gute Buch. Wegleiter zu deutschem Geistestum, 1 (1924) #6 (Juni), 66-67.

Inhaltsverzeichnis

SeitenInhalt
7-16Grünewald.
17-20Bismarck.
21-26Stifter.
27-34Gött.
35-41Mach.
42-46Wedekind.
47-51Otto Wagner. (Zum siebzigsten Geburtstag)
52-58Klimt.
59-69Mahler.
70-77Katholische Musik.
78-87Holz.
88-93Gerhart Hauptmann.
94-102Dehmel.
103-106Holländer.
107-111Johannes Müller.
112-130Scheler.
131-141Verkade.
142-147Rolland.
148-156Französische Romane. 1.
156-167Französische Romane. 2.
167-177Französische Romane. 3.
178-184Berliner Kultur.
185-196Cavour. (Geboren am 10. August 1810)
197-202Italien.
203-208Der Ackermann aus Böhmen.
209-213Buddho.

Kommentiertes Inhaltsverzeichnis

Grünewald
Bahr referiert einige Texte, die sich mit dem bildenden Künstler Grünewald beschäftigen. Seiner Meinung nach steht die Glaubensgewissheit im Zentrum der Kunst Grünewalds.
Bismarck
Bismarcks Tatkraft hat seinen Ursprung Bahr zufolge weniger in dem Glauben an die Relevanz der eigenen Handlungen, als vielmehr in einem besonders starken Pflichtgefühl.
Stifter
Bahr beschreibt Stifter als einen Künstler des Ideals, dessen Werk noch immer verkannt wäre.
Gött
Bahr ruft die Bedeutung des 1908 verstorbenen Dramatikers Emil Gött ins Gedächtnis und stellt ihn als jemanden vor, der sich mit einem Grundproblem der Jahrhundertwende beschäftigt hätte: dem Erhalt der individuellen Souveränität bei gleichzeitigem Versuch, dass Universale zu erreichen.
Mach
Ernst Mach scheint Bahr auch 1916 noch von außerordentlicher Bedeutung zu sein - nur dass man nun, anders als noch vor 20 Jahren, über ihn hinauszudenken habe. Bestes Beispiel dieser jüngeren Entwicklung sei der Pragmatismus eines James oder Vaihinger.
Wedekind
Bahr interessiert sich für die "Haltung" Frank Wedekinds und zeichnet ihn als Moralisten.
Otto Wagner (zum siebzigsten Geburtstag)
Otto Wagner wird "als Österreichs größter Baumeister seit van der Nüll und Siccardsburg" und als Vorreiter der Wiener Werkstätten, der Architektur Adolf Loos' oder der Arbeiten Alfred Rollers geehrt.
Klimt
Bahr geht davon aus, dass die Bedeutung Gustav Klimts erst jetzt (1913), nach Ende des Impressionismus, wirklich zutage trete: insofern seine Werke auch noch außerhalb des Zeitkontextes wirken, in dem sie geschaffen wurden.
Mahler
Mit Hugo Wolf vergleicht Bahr Gustav Mahler und sieht in ihm ebenso wie in Wolf gleichsam eine Inkarnation des Idealtypus vom Musiker.
Katholische Musik
Unter Einbezug aktueller Literatur beschreibt Bahr die Stellung Bruckners, Hugo Wolfs und Mahlers zum Katholizismus.
Holz
Bahr erinnert an die Bedeutung Arno Holz' im Rahmen der verschiedensten Revolutionen der Dichtkunst und plädiert an potentielle Mäzene, Holz zu unterstützen.
Gerhart Hauptmann
Zum fünfzigsten Geburtstag Hauptmanns stellt Bahr diesen als einen Schriftsteller dar, dem es gelungen ist, die chaotische Vielfalt des ausgehenden 19. Jahrhunderts zu bündeln und in Form zu bringen.
Dehmel
Die dichterische Strategie Richard Dehmels besteht Bahr zufolge in der Praxis, um zu "Einfalt, Reinheit und Stille" zu kommen, sich erst in "Dampf und Gestank [...] schändlicher Gefahren" zu stürzen.
Holländer
Bahr gratuliert dem Schriftsteller, Dramaturgen und Kritiker Felix Holländer zum fünfzigsten Geburtstag und erinnert sich zu diesem Anlaß an die Anfänge ihrer Bekanntschaft in Berlin.
Johannes Müller
Den Theologen und Philosophen Johannes Müller schildert Bahr als einen, der sich auf seine "innere Wünschelrute" verlassen könne und daher keine "Weltanschauungen" notwendig habe.
Scheler
Bahr zeigt sich begeistert von Max Schelers "Krieg und Aufbau" und meint im Anschluss an Scheler, der Krieg und müsse in dem darauffolgenden Frieden dazu führen, dass sich Europa und speziell Deutschland eine neue Verfassung gebe, aufgebaut auf "die Willensfreiheit – die Zwecke – die sittliche Weltordnung – die Liebe – das Gute".
Verkade
Bahr schildert Verkades Konversion zum Katholizismus als ein Ereignis der Gnade.
Rolland
Der spätere Nobelpreisträger Romain Rolland scheint Bahr nach der Lektüre des "Jean Christophe" schon 1914 als "der Dichter Frankreichs".
Französische Romane 1
Bahr rezensiert Barbusses "Le Feu" als einen bedeutenden Roman, so nur möglich durch die Souveränität und Ungezwungenheit, mit der sich Barbusse des Erbes der französischen Literatur bedient.
Französische Romane 2
Mauriacs "Robe Prétexte" scheint Bahr aus dem 18. Jahrhundert zu kommen: er ist begeistert von der "gelassene Schönheit" des Texts und fühlt sich an Franz von Sales erinnert.
Französische Romane 3
In Baumann erkennt Bahr den Typus Schriftsteller, der nicht nach dem geschlossenen Kunstwerk strebt, sondern auf die Wirklichkeit bloß hinzudeuten scheint: "er zieht bloß den Vorhang weg". Als solcher erinnert Baumann Bahr an Balzac oder gar das Gilgamesch-Epos.
Berliner Kultur
Im Gegensatz zu Wien habe Berlin keine Kultur, dafür aber eine große Zukunft: so das Klischee, das Bahr aufruft, um dagegen zu argumentieren, dass es auch in Berlin eine alte Kultur gebe, auf die man sich besinnen sollte.
Cavour (Geboren am 10. August 1810)
Den italienischen Staatsmann Benso di Cavour beschreibt Bahr als einen äußerst begabten Diplomaten.
Italien
Italien wird von europäischen Ausland v. a. als Ansammlung von Natur- und Kunstschätzen betrachtet: Bahr erinnert daran, dass hier auch eine auftrebende Bevölkerung lebt, die dabei ist, sich zu einer Nation zu entwickeln.
Der Ackermann aus Böhmen
Bahr beglückwünscht Burdach zur Entdeckung und Herausgabe des "Ackermanns von Böhmen" (von Johannes von Tepl) und stimmt diesem zu, wenn er diese Dichtung neben den großen "Ewigkeitswerken bildender und dichtender Kunst" zur Seite stellt.
Buddho
Der Übersetzung der Schriften Buddhas (von Karl Eugen Neumann) schreibt Bahr weniger theologischen oder philosophischen, dafür aber einen großen literarischen Wert zu.

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